Rollstuhl

Ein Mieter ist dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen. Er kann das Wohnhaus nicht eigenständig verlassen, weil er dafür sechs Stufen überwinden muss. Die Vermieterin, eine Wohnungsbaugesellschaft, verweigerte trotz mehrerer Anfragen des Mieters zwei Jahre lang bis zum Urteil die Zustimmung zum Bau einer Rampe.

Bereits in einem anderen Verfahren hatte das LG Berlin II entschieden, dass die Vermieterin die Zustimmung zur Rampe erteilen müsse. In diesem Verfahren entschied das Gericht: Die Verweigerung der Zustimmung zum Bau der Rampe verstoße gegen § 19 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Im Vergleich zu anderen Mietern ohne (körperliche) Behinderung sei dem Rollstuhlfahrer der Wohnungszugang rechtswidrig versagt worden.

Die Wohnungsbaugesellschaft habe die Verweigerung zwei Jahre lang hartnäckig verteidigt und sich dabei auf pauschale und nicht überzeugende Gründe gestützt. Dadurch war der Mieter gezwungen, sich ständig Hilfe Dritter zu suchen, um das Haus betreten oder verlassen zu können.

Die ungewöhnliche Höhe der Entschädigung wurde mit den „gravierenden Folgen der Benachteiligung“ und dem Verhalten der Vermieterin begründet. Sie habe neben der Pflichtverletzung vor allem massiv die Lebensqualität des klagenden Mannes beeinträchtigt, indem sie dessen selbstständigen Zugang zu seinem eigenen Zuhause unmöglich gemacht habe.

LG Berlin II, Urteil vom 30.09.2024 – 66 S 24/24

Für die Praxis:

  • 19 AGG erfasst jede Form der Benachteiligung in zivilrechtlichen Massengeschäften, insbesondere aufgrund einer Behinderung

  • Im Regelfall gilt § 19 AGG bei Vermietung von mind. 51 Wohneinheiten

  • Die Vermieterin ist dann in der Pflicht die Benachteiligung durch positive Maßnahmen (§5 AGG) zu beseitigen

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